Johann Friedrich Böttger gilt als einer der entscheidenden Pioniere des europäischen Porzellans und spielte eine zentrale Rolle bei der Gründung der Meissener Manufaktur. Im Jahr 1702 wird der junge Alchemist von August dem Starken nach Dresden geholt, da er behauptet, Gold herstellen zu können. Trotz intensiver Forschung bleibt ihm der Erfolg in der Goldproduktion verwehrt. Doch im Jahr 1706 gelingt ihm eine bahnbrechende Entdeckung: Mit dem sogenannten „Böttgersteinzeug“ wird erstmals in Europa das Herstellungsprinzip des chinesischen Porzellans entschlüsselt und angewendet. Durch die Kombination von Ton, Quarz und einem Flussmittel entsteht ein extrem widerstandsfähiges Material, das bei hohen Temperaturen gebrannt wird.
Bereits zwei Jahre vor der Entwicklung des weißen Porzellans benennt Böttger seinen tiefroten Werkstoff selbstbewusst als „Jaspisporzellan“. Das neuartige Material erweist sich als außergewöhnlich robust, feuerfest und widerstandsfähig gegenüber plötzlichen Temperaturschwankungen. Zudem lässt es sich wie ein Halbedelstein schleifen und polieren, was völlig neue gestalterische Möglichkeiten eröffnet.
Die Vielseitigkeit des „Böttgersteinzeugs“ zeigt sich in den kunstvollen Veredelungen durch Glasuren, filigrane Gravuren oder Vergoldungen – Eigenschaften, die es von allen anderen keramischen Materialien abheben. Nach der offiziellen Gründung der Meissener Manufaktur im Jahr 1710 entstehen aus diesem innovativen Werkstoff nicht nur dekorative Vasen, Teegeschirr und Bierkrüge, sondern auch kunstvolle Glocken, Weihwasserkessel und figürliche Skulpturen.
Staatliche Porzellan-Manufaktur Meissen
In der Staatliche Porzellan-Manufaktur Meissen wird Böttgersteinzeug auch heute noch für die ausgewählte Dekorationen, darunter Sterne und Kugeln aus der Meißener Weihnachtskollektion und Böttgersteinzeug Figuren hergestellt.
Verwendung von Böttgersteinzeug / Feinsteinzeug
Feinsteinzeug, wie Böttgersteinzeug auch genannt wird, wird häufig bei keramischen Fliesen als Basismaterial genutzt. Durch die geringe Wasseraufnahme ist Feinsteinzeug frostbeständig und bietet damit im Außen- und Innenbereich für z.B. Küchen-Arbeitsflächen und Waschtische in Bädern eine gute Option. Die Härte des Materials erlaubt zudem eine geringe Dicke der Platten und eröffnet eine ganze Reihe von Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich Farben und Formaten. Damit werden Feinsteinzeugfliesen gerne als pflegeleichte Alternative zu Naturstein- oder anderen Fußbodenbelägen eingesetzt.
Im Jahr 1922 wurde wurden Münzen aus Böttgersteinzeug in Meißen und in Grünberg/Niederschlesien als Notgeld eingesetzt (braune Münzen für Pfennigbeträge; weiße Münzen für Markbeträge).